Agri-PV verbindet Landwirtschaft und Solarenergie auf einer Fläche. Erfahre, wie Schweizer Landwirte mit Solaranlagen Erträge sichern und zusätzliche Einnahmen erzielen.
Die Energiewende und der Klimawandel stellen nicht nur Energieversorger, sondern auch die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen. Gleichzeitig eröffnet genau dieser Wandel auch neue Chancen – insbesondere durch innovative Technologien wie die Agri-Photovoltaik (Agri-PV).
Gerade in der Schweiz ist dieser Ansatz hochrelevant: Einerseits stehen viele landwirtschaftliche Betriebe unter wirtschaftlichem Druck, andererseits braucht unser Land mehr lokal produzierten Solarstrom, um die Klimaziele zu erreichen.
In diesem Beitrag zeigen wir auf, was hinter dem vielversprechenden Lösungsansatz Agri-PV steckt, welche Chancen sich insbesondere für Schweizer Bauernhöfe ergeben, wo regulatorische Hürden liegen – und wie erste Pilotprojekte den Weg für die Praxis ebnen.
Agri-Photovoltaik – kurz Agri-PV – beschreibt die gleichzeitige Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittelproduktion und die Erzeugung von Solarstrom.
Dabei werden Photovoltaikanlagen so konzipiert, dass sie den Anbau von Feldfrüchten oder die Weidehaltung nicht beeinträchtigen, sondern im Idealfall sogar unterstützen.
Der Grundgedanke ist einfach: Statt Landwirtschaft und Energieproduktion in Konkurrenz um knappen Boden zu bringen, kombiniert Agri-PV beides auf derselben Fläche. Das funktioniert durch technische Anpassungen der Solaranlagen – beispielsweise indem Solarpanels aufgeständert werden, sodass Maschinen und Pflanzen darunter Platz finden.
Zur Verfügung stehen verschiedene technische Ausführungen:
Agri-PV ist somit nicht nur eine Antwort auf Flächenknappheit, sondern auch ein Werkzeug, um die Landwirtschaftklima resilienter zu gestalten – etwa durch Schutz vor extremer Sonneneinstrahlung oder Hagel.
Agri-PV bietet für Landwirtinnen und Landwirte in der Schweiz eine Vielzahl von Vorteilen –nicht nur im ökologischen, sondern auch im ökonomischen Bereich. Gerade in Zeiten steigender Betriebskosten, Wetterextreme und sinkender Marktpreise kann diese Technologie ein zukunftsträchtiges Standbein sein.
Ein zentraler Vorteil liegt in der Möglichkeit, den erzeugten Solarstrom ins Netz einzuspeisen und damit zusätzliche Einnahmen zu generieren. Je nach Standort, Ausrichtung und Anlagengrösse kann dies eine verlässliche Einkommensquelle sein– besonders attraktiv angesichts unsicherer Agrarmarktpreise. Zudem eröffnen sich Fördermöglichkeiten, etwa über Einmalvergütungen (EIV) oder Rückliefertarife.
Durch die Nutzung erneuerbarer Energie direkt auf dem Hof, leisten landwirtschaftliche Betriebeeinen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Jede Kilowattstunde Solarstrom ersetzt potenziell fossile Energiequellen und reduziert die betrieblichen CO₂-Emissionen nachhaltig. Das stärkt nicht nur das Umweltprofil des Betriebs, sondern erfüllt auch zunehmend gefragte Nachhaltigkeitskriterien in der Vermarktung.
Bei zunehmenden Hitzewellen und Wetterextremen wird die gezielte Beschattung von Pflanzen immer wichtiger. Agri-PV-Module bieten einen natürlichen Schutz vor starker Sonneneinstrahlung, UV-Schäden oder Hagel – ohne den Ertrag automatisch zu schmälern. Besonders wärmeempfindliche Kulturen wie Beeren, Salat oder Kräuter profitieren hiervon messbar.
Der auf dem eigenen Hof produzierte Strom kann direkt für den Eigenverbrauch genutzt werden– sei es für Kühlhäuser, Melkroboter, Bewässerungssysteme oder zunehmend auch für elektrische Landmaschinen. Dies reduziert die Stromkosten langfristig, macht unabhängiger von steigenden Energiepreisen und erhöht die energetische Resilienz des Betriebs.
Agri-PV ist weit mehr als ein ökologisches Statement – es ist eine wirtschaftlich tragfähige Zukunftsinvestition für die Schweizer Landwirtschaft.
So vielversprechend Agri-PV für die Schweizer Landwirtschaft auch ist – in der Praxis stehen Landwirtinnen und Landwirte vor einer Reihe von Herausforderungen, insbesondere in rechtlicher und infrastruktureller Hinsicht. Der regulatorische Rahmen hinkt derzeit noch häufig der technischen Entwicklung hinterher, was die Realisierung von Projekten erschweren kann.
In der Schweiz unterliegt die Nutzung von Landwirtschaftsflächen strengen Vorgaben im Raumplanungsgesetz. Grundsätzlich gilt: Landwirtschaftsland darf nicht einfach mit Infrastrukturbauten überstellt werden – auch nicht mit Photovoltaik. Eine Agri-PV-Anlage muss deshalb klar nachweisen, dass die landwirtschaftliche Nutzung weiterhin im Vordergrund steht.
Das bedeutet in der Praxis: Eine Bewilligung erfordert oft eine Einzelfallprüfung durch die kantonalen oder kommunalen Behörden. Ob eine Baubewilligung erteilt wird, hängt also stark vom Standort, der Bodenqualität, dem Flächenbedarf und der geplanten Nutzung ab.
Während die nationale Energiepolitik Agri-PV zunehmend positiv bewertet, bestehen in der Umsetzung teils grosse Unterschiede zwischen den Kantonen. Einige unterstützen Pilotprojekte aktiv oder bieten ergänzende Fördermassnahmen an – andere agieren restriktiver.
Einheitliche Regelungen oder spezifische Förderinstrumente für Agri-PV sind bislang rar. Zwar können klassische PV-Förderungen (z. B. Einmalvergütung oder Netzeinspeisung) auch für Agri-Projekte beantragt werden, spezifische Anpassungen für diese Nutzungsform fehlen jedoch meist noch.
Auch technisch bringt Agri-PV besondere Anforderungen mit sich. Die Anlagen benötigen spezielle Unterkonstruktionen, die Witterung und landwirtschaftlicher Nutzungstandhalten. Die Verbindung zum Stromnetz – insbesondere bei abgelegenen Höfen– kann kostspielig sein, wenn Verstärkungen oder neue Leitungen nötig sind.
Hinzu kommt: Die Wirtschaftlichkeit hängt stark vom Eigenverbrauch ab. Um diesen zu maximieren, sind oft zusätzliche Investitionen in Speicherlösungen, Lastmanagement oder Eigenverbrauchsoptimierung nötig.
Agri-PV in der Schweiz ist möglich – aber noch mit Hürden verbunden. Wer heute ein Projekt plant, sollte sich frühzeitig mit lokalen Behörden und Fachpartnern abstimmen, um Machbarkeit und Förderoptionen im Detail zu klären.
Einige erfolgreiche Agri-PV-Projekte in der Schweiz zeigen das Potenzial und liefern wertvolle Erkenntnisse für Landwirtschaft und Energieproduktion.
Die erfolgreiche Umsetzung von Agri-PV-Projekten in der Schweiz zeigt: Es braucht starke Partnerschaften. Denn weder Landwirte noch Energieversorger noch Forschungseinrichtungen können solche Vorhaben allein stemmen. Kooperationen erhöhen die Chance, dass innovative Konzepte auch langfristig funktionieren.
Nicht jede Pflanze reagiert gleich auf die teilweisen Beschattungen durch Solarmodule. Ob Agri-PV funktioniert, hängt stark von der Kulturart, der lokalen Witterung und der Bauweise der Anlage ab.
In mehreren Pilotprojekten in der Schweiz wurden deshalb verschiedene Kulturen unter realen Bedingungen getestet – mit aufschlussreichen Ergebnissen, die wertvolle Hinweise für die Praxis liefern.
Die Agri-Photovoltaik steht in der Schweiz noch am Anfang – doch das Potenzial ist enorm. Mit der zunehmenden Dringlichkeit der Energiewende, neuen politischen Impulsen und wachsendem Interesse seitens Landwirtschaft und Energiebranche rückt Agri-PV in den kommenden Jahren stärker ins Zentrum.
Lautverschiedenen Studien – etwa von der ZHAW[3] oder EnergieSchweiz – könnten theoretisch mehrere Terawattstunden Strom durch Agri-PV erzeugt werden, ohne die landwirtschaftliche Nutzung zu verdrängen.
Selbst bei einer sehr vorsichtigen Umsetzung wären mittelfristig mehrere Prozent des Schweizer Strombedarfs über Agri-PV deckbar – insbesondere auf Obst- und Sonderkulturenflächen oder extensiv genutztem Grünland.
Während in der Schweiz die Förderung noch zurückhaltend ist, hat die EU Agri-PV bereits als strategisch wichtig eingestuft. Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Italien fördern Agri-PV explizit mit Zuschüssen und Vereinfachungen im Baurecht.
Die Schweiz könnte hier nachziehen: Erste parlamentarische Vorstösse fordern spezifische Programme für Agri-PV, etwa im Rahmen des neuen Stromversorgungsgesetzes. Politisch wächst der Druck, innovative Doppelnutzungskonzepte zu fördern – nicht zuletzt, um die Solarausbauziele bis 2050 zu erreichen.
Gerade für kleinere Höfe in hügeligem oder alpinem Gelände kann Agri-PV eine attraktive Lösung sein. Dank modularer Bauweise und variabler Höhen lässt sich die Technologie an lokale Bedingungen anpassen – auch auf Hanglagen oder in Kombination mit Weidewirtschaft.
Für solche Betriebe bedeutet das: neue Einkommensquellen, mehr Unabhängigkeit von Marktpreisen und ein zukunftssicheres Geschäftsmodell – insbesondere in Regionen, wo klassische Landwirtschaft zunehmend unter Druck gerät.
Agri-Photovoltaik verbindet zwei zentrale Anliegen unserer Zeit: die sichere Nahrungsmittelproduktion und die nachhaltige Energiegewinnung.
Sie nutzt knappe Ressourcen effizient, schützt Pflanzen vor extremen Wetterereignissen und bietet Landwirten eine wirtschaftliche Perspektive. Die Vorteile sind nicht nur betriebswirtschaftlicher Natur.
Agri-PV kann helfen, den gesellschaftlichen Auftrag der Landwirtschaft mit der Energiewende zu vereinen. Gleichzeitig entlastet sie die Stromnetze, unterstützt die dezentrale Energieproduktion und fördert regionale Wertschöpfung.
Landwirten sollten jetzt handeln:
Wer früh startet, profitiert doppelt – von der wirtschaftlichen Rendite und von einer Vorreiterrolle in einer zukunftsfähigen Landwirtschaft.
[1] https://www.energie2030.ch/neuartige-pv-anlage-auf-gewaechshaus-in-buchs-die-technologie-hat-ein-riesiges-potenzial/
[2] https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/aktuell/dossiers/agri-pv.html
[3] https://www.zhaw.ch/storage/lsfm/institute-zentren/iunr/hortikultur/zhaw-machbarkeitsstudie-agri-pv.pdf